Montag, 4. Februar 2013

Nachtrag: Dramarasmus meets Molière

Liebe Freunde des Theaters,

wir hatten einen tollen Start ins neue Jahr mit einem Monat aufregender Bühnenarbeit. Bedanken möchten wir uns bei allen Beteiligten, die drei wunderbare Vorstellungen möglich gemacht haben. Für alle, die nicht mit uns in der Waggonhalle sein konnten, ein kurzer Einblick in unsere Trilogie aus Molières Komödienrepertoire:


Der eingebildete Kranke, Le Malade imaginaire, 1673



Argan ist von Leiden geplagt. Als der eingebildete Kranke ist er auf der Suche nach Heilung. Er gibt Unmengen an Geld für die Medizin der Ärzte aus. Wieso also nicht seine Tochter mit einem zukünftigen Arzt verheiraten, um sich so kompetenten und günstigen Rat in die Familie zu holen? Da kommt es gerade Recht, dass Argans Arzt Herr Diafoirus mit Thomas einen exzellenten Akademiker als Sohn hat. Seine Tochter Angélique hat jedoch etwas dagegen, denn sie möchte jemanden, den sie wirklich lieben kann. Cléante hat sich in das Haus Argans geschlichen, um herauszufinden,ob Angélique seine Liebe erwidert. Auf ihrer Seite haben sie Toinette, Argans Bedienstete.


Der eingebildete Kranke bekommt zwar seine Medizin, aber besser geht es ihm dadurch nicht. Seine Krankheit führt dazu, dass nicht nur er leidet, sondern auch seine Mitmenschen. Er kann den Dingen nicht seinen Lauf lassen. Nach Molière scheinen es eher die Selbstheilungskräfte zu sein, die zur Gesundheit führen. Zwar hat Argan Menschen um sich, die sich um ihn kümmern, aber wem ist wirklich an seinem Wohl gelegen? Es geht um eine barocke Problematik der Erkenntnis von Sein und Schein, die auch heute noch Aktualität besitzt. 





Der Menschenfeind, Le misanthrophe, 1667



Molières Menschenfeind Alceste ist der erbitterte Ankläger einer Gesellschaft, die sich ihm zufolge einer perfekten Heuchelei in allen menschlichen Beziehungen verschrieben hat: Worte haben ihren Wert verloren, Freundschaft und Liebe ihren Tiefgang. Das forsche Auftreten des angriffslustigen Kritikers, welches unter anderen der beliebte Verseschmied Oronte zu spüren bekommt, findet seine Widersprüchlichkeit im eigenen Liebeswerben: Mit Célimène hat ihm ausgerechnet eine Frau den Kopf verdreht, die durch ihre Koketterie und Klatschsucht all das verkörpert, was er verabscheut.



Im 21. Jahrhundert tobt der Menschenfeind im Zeitalter von virtuellen Communities. Freundschaften werden per Mausklicks geschlossen, Neuigkeiten immer und überall geteilt. Der Reiz an Gedichten liegt in ihrer Performativität und eine Flut an Informationen trimmt den Menschen zur Schnelllebigkeit. Dennoch kehren wir zurück zur bekannten Formel: Die Gesellschaft ist online, Alceste geht offline.






Der Geizige, L'Avare, 1668




Nach dem Tod ihrer Mutter ist für Cleante und Elise das Zusammenleben mit ihrem Vater nicht leicht. Beide sind verliebt. Doch Harpagon, engstirniger und geiziger Familienpatriarch, steht dem Glück seiner Kinder im Weg. Er verweigert ihnen jede finanzielle Unterstützung und enthält ihnen das Erbe der Mutter vor. Die Auserwählten der Geschwister sind arme Schlucker, eine Heirat undenkbar. Mit Hilfe der gewitzten Ghettobraut La Flèche probieren die beiden sich nach und nach von ihrem tyrannischen Vater zu lösen ….Doch nur von Liebe allein kann man nicht leben. Der geldgeile Alte soll endlich den Anteil rausrücken!


 Der Teufel hole den Geiz und die Geizhälse!

Geld löst heute immer noch egoistische Triebe im Menschen aus. Sein Wert wird zum wichtigsten Ziel und die Gier nach ihm zerstört alle anderen Werte des Lebens.